#foodporn - Online Essen in Bildern
Auf Instagram sammeln sich Bilder über Bilder. Auf vielen ist Essen zu sehen. Besonders #food und #foodporn werden von Bloggern rund um den Globus verwendet, um ihre recht anspruchsvoll angerichteten Mahlzeiten der Öffentlichkeit zu präsentieren. Essen als Kunst ist längst zu einem Internetphänomen geworden.
Das Frühstück am Morgen, der Kaffee in der Pause und das kunstvoll angerichtete Abendessen zu Hause - auf Instagram sammeln sich Millionen von Nutzern, die ihr Essen mit ihrer Umgebung teilen wollen. Allein der Hashtag #foodporn zählt über 93 Millionen Verlinkungen auf der sozialen Plattform. Dabei werden die Lebensmittel und Mahlzeiten stilvoll vorbereitet, bevor sie letztendlich vor die Linse kommen und hochgeladen werden. Statt Cat-Content heißt es Eat-Content. Doch warum fotografieren Menschen so etwas Alltägliches wie ihr Essen und teilen es mit der Öffentlichkeit?
Diese mediale und soziale Phänomen ist seit geraumer Zeit Untersuchungsgegenstand der Forschung. Einige Trendforscher sprechen von einem Zeitgeistphänomen, einer neuen Form der Individualität und Selbstinszenierung. Auch in Deutschland ist dieser Zeitgeist im Mainstream angekommen. Laut Meinungsforschungsinstitut Yougov haben 61 Prozent der Deutschen schon einmal ihr Essen abgelichtet und 55 Prozent machten Bilder von Speisen, die sie selbst zubereiteten. 44 Prozent zückten die Kamera in Restaurants oder Cafés, um das kunstvoll angerichtete Essen zu fotografieren. Statistisch gesehen dokumentiert jeder Dritte mit der Kamera seine kulinarischen Entdeckungen, jeder vierte veröffentlicht das Bild dann anschließend in Sozialen Netzwerken.
44 Prozent zückten die Kamera in Restaurants oder Cafés, um das kunstvoll angerichtete Essen zu fotografieren
Aus Liebe zum Essen
Essen wird zum medialen Internetphänomen. Hashtags, wie #foodlove, #foodorgasm und #foodporn, die den Großteil solcher Bilder untertiteln, unterstützen diesen Eindruck. Allein die Auswahl dieser Wörter zeigt, welche emotionale Verbindung Nutzer mit ihrem fotografierten Essen aufbauen. Das Essen wird zum Ausdruck von Individualität, zum Mittel der Kommunikation, zum Verbinden mit einer Community, die die eigenen Vorlieben teilt. Die gemeinsame Essenstafel wird durch eine App mit zahlreichen Filtern ersetzt, um ein neues kommunikatives Miteinander und ein neues Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. Was früher Vokuhila und Nirvana hieß, heißt heute Quinoa oder Pancakes. Essen und Trinken haben Mode und Musik als Gemeinschaftscodes und den Ausdruck der Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen in sozialen Netzwerken abgelöst. Veganer, Vegetarier oder Flexitarier, Dessertspezialisten oder BBQ-Meister - hier besetzt jeder seine Nische. Besonders der Healthy Lifestyle findet auf Instagram Ausdruck. Die Verbindung und Präsentation von ausgewogener Ernährung und Fitness ist ein Trend, der sich durch alle sozialen Medien zieht und in welchen viele Potential erkannt haben, ihr Geld zu verdienen. Die online food photography hat sich mittlerweile zu einem cleveren und lukrativen Geschäftsfeld entwickelt.Medien zieht und in welchen viele Potential erkannt haben, ihr Geld zu verdienen. Die online food photography hat sich mittlerweile zu einem cleveren und lukrativen Geschäftsfeld entwickelt.
500 Jahre Foodporn
Allerdings lässt sich diese Trendbewegung nicht nur auf soziale Medien zurückführen, sondern bereits in der Kunstgeschichte finden. Forscherinnen und Forscher haben herausgefunden, dass die Themen Essen und Essenpräsentation bereits seit 500 Jahren ihren Weg in die Öffentlichkeit fanden - und zwar auf Leinwänden. Vor allem Meeresfrüchte und exotische Früchte wurden kunstvoll arrangiert gemalt. Allerdings waren diese Lebensmittel keinesfalls repräsentativ für die damalige Ernährungsweisen, sondern vielmehr ein Stilmittel um Ästhetik, Pracht und Extravaganz darzustellen.
500 Jahre #Foodporn: Die alten Meister haben es erfunden.
Essen als Ausdruck von Individualität und Lebensstil ist nicht nur ein Trend, sondern ein fester Bestandteil unseres sozialen Miteinanders. So essentiell wie das Essen für den menschlichen Körper ist, so essentiell ist es für einige Menschen, ihre Nahrung und Ernährungsweisen mit anderen zu teilen. Der Hang zur übertriebenen Selbstinszenierung wirft aber nicht nur persönliche Schattenseiten, sondern inspiriert auch Werbefachleute, sich des Themas anzunehmen. Im neuen IKEA-Werbespot wird dieser Trend gehörig auf’s Korn genommen.
Bevor beim nächsten Restaurantbesuch also das Smartphone gezückt wird, denkt daran: It’s a meal. Not a competition.
Seid am nächsten Mittwoch um 16:00 wieder dabei. Wir freuen uns auf Euch in unserem Vier Uhr Magazin
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